Stadtentwicklung
Bauen und Wohnen
Schaffung bezahlbaren Wohnraums
Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist eine zentrale politische und soziale Herausforderung, die gelöst werden muss. In Deutschland fehlen insgesamt über 800.000 Wohnungen. Das Wohnungsbauziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen wird erneut verfehlt, dabei sind die Probleme am Wohnungsmarkt seit langem bekannt. Mit Blick auf mögliche neue rechtliche Vorgaben muss zwingend auf praxisgerechte Lösungsansätze sowie eine gezielte Unterstützung der Akteure am Wohnungsmarkt geachtet werden. Notwendig sind schnell umsetzbare Maßnahmen, die insbesondere die Schaffung bezahlbaren Wohnraums begünstigen. Hierzu sollte auch eine Unterstützung der kommunalen Wohnungswirtschaft gehören, die seit vielen Jahren für eine sozialgerechte Wohnungspolitik steht und im Ergebnis dem Allgemeinwohl verpflichtet ist. Die aktuellen Hemmnisse beim Wohnungsbau liegen insbesondere in extrem hohen Baukosten, überlangen Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie in fehlenden Flächen zur Realisierung von Wohnungsbauprojekten. Bereits verabredete Maßnahmen zur Stärkung des Wohnungsbaus müssen zügig umgesetzt werden. Aus unserer Sicht gehören hierzu insbesondere eine hinreichende Finanzierung, eine verbesserte Baulandmobilisierung, gestärkte Zugriffsrechte u. a. durch verbesserte kommunale Vorkaufsrechte sowie die Einführung des Gebäudetyps E (E wie einfach). Die Immobilien- und Wohnungskrise darf keine Stadtentwicklungskrise werden.
Im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen Rheinland-Pfalz unterstützten wir Anfang Februar 2024 die Durchführung der Fachveranstaltung »Baulandmodelle in der Praxis – Wie Kommunen Flächen für bezahlbaren Wohnungsbau mobilisieren können«.
Im August 2024 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung vorgelegt. Mit dem Entwurf werden im Wesentlichen das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung novelliert. Schwerpunkte der Novelle sind Vereinfachungen für den Wohnungsbau, die Betonung der Klimaanpassung und des Klimaschutzes im Städtebaurecht, die Stärkung der Digitalisierung sowie weitere Maßnahmen im Bereich des Bodenrechts, des Besonderen Städtebaurechts und zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Auch der Referentenentwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) ging auf Bundesebene Ende Juli 2024 in das Beteiligungsverfahren.
Nach unserer Auffassung geht die Novelle des Baugesetzbuches im Großen und Ganzen in die richtige Richtung. Jedoch sind die geplanten Möglichkeiten beim Vorkaufsrecht nicht weitgehend genug, um die überhitzten Immobilienmärkte abzukühlen. Leider wurden wichtige Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum, auf die die Städte seit Jahren warten, nicht in den Entwurf aufgenommen. So wird das Vorkaufsrecht der Städte kaum gestärkt und nicht ausgeweitet.
Öffentliche Gebäude: Vorgaben zu Sanierungsquoten aus der Energieeffizienz-Richtlinie (EED)
Im September 2023 ist die Energieeffizienz-Richtlinie (Energy Efficiency Directive, »EED«) in Kraft getreten. Die Richtlinie sieht vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten ihren jährlichen Endenergieverbrauch bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2020 um mindestens 11,7 % verringern müssen. Das jährliche Endenergieeinsparziel wird von 2024 bis 2030 schrittweise angehoben. Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) des Bundes aus November 2023 setzt die Energieeffizienz-Richtlinie um. Von der Umsetzung durch das Energieeffizienzgesetz ausgenommen sind die in der Energieeffizienz-Richtlinie enthaltenen Vorgaben zu Sanierungsquoten für öffentliche Gebäude. Doch auch insoweit sind die Richtlinienvorgaben in nationales Recht umzusetzen. Sie werden erhebliche Auswirkungen für Städte und Gemeinden haben.
Die Vorgaben zu Sanierungsquoten für öffentliche Gebäude werden zu finanziellen Mehrbelastungen der Kommunen führen. Nach unserer Meinung sind die Städte nicht in der Lage, aus eigenen finanziellen Mitteln jährlich mindestens 3 % der Gesamtfläche beheizter oder gekühlter Gebäude, die sich im Eigentum öffentlicher Einrichtungen befinden, auf das Niveau Niedrigstenergiegebäude oder Nullemissionsgebäude zu renovieren. Wir vertreten die Ansicht, dass es einer umfassenden finanziellen Sanierungsförderung durch die EU, den Bund und das Land bedarf und fordern in diesem Zusammenhang die strikte Beachtung des Konnexitätsprinzips. Wir mahnen von EU, Bund und Land eine vergleichbare Vogehensweise an hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen der Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie, die den »Netto-Null Emissionen«-Standard ab dem 1. Januar 2028 für neue öffentliche Gebäude vorschreiben wird.
Vergaberecht
Als Städtetag lehnen wir nach wie vor die im Jahr 2021 eingerichtete Vergabeprüfstelle beim Wirtschaftsministerium für wirtschaftlich bedeutsame öffentliche Aufträge ab. Die Regelungen und verfahrenstechnischen Vorgaben der Landesverordnung über die Nachprüfung von Vergabeverfahren durch Vergabeprüfstellen haben erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Beschaffungs- und Vergabestellen der Verwaltungen, die eine zentrale Bedeutung bei der Umsetzung kommunaler Projekte einnehmen. Dies machten die kommunalen Spitzenverbände anlässlich der Evaluation der Bestimmungen im Jahr 2024 deutlich. Gleichwohl verlängerte die Landesregierung die Geltungsdauer der Verordnung um weitere drei Jahre, nahm jedoch verschiedene Änderungen und Ergänzungen der Verordnung vor, die der besseren Vollziehbarkeit der Bestimmungen dienen sollen. Entsprechende Erleichterungen hatten die kommunalen Spitzenverbände hilfsweise gefordert.
Beteiligung an der Erarbeitung des Entwurfs eines neuen Landesentwicklungsprogramms
Der Koalitionsvertrag für das Land Rheinland-Pfalz sieht in dieser Legislaturperiode den Beginn der Aufstellung eines neuen Landesentwicklungsprogramms (LEP 5) vor. Das Ministerium des Innern und für Sport startete im Sommer 2023 mit der Unterrichtung des Ministerrats den Erarbeitungsprozess. Dabei strebt es einen breit angelegten und transparenten Prozess an, in dem alle betroffenen Akteurinnen und Akteure, aber auch die Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen und Vorstellungen einbringen können. Bis Ende des Jahres 2024 soll ein erster Entwurf für ein LEP 5 erstellt sein.
Im Mai 2024 äußerten sich auch die kommunalen Spitzenverbände und brachten sich so in den Beteiligungsprozess ein. Die kommunalen Spitzenverbände forderten, insbesondere folgende Aspekte bei der LEP 5-Aufstellung zu berücksichtigen: eine zukunftsorientierte und resiliente Raumentwicklung, die Digitalisierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien, den demographischen Wandel, den Klimawandel mit seinen Extremwetterereignissen, den Konflikt zwischen einer ortsnahen, kompakten und ressourcensparenden Bauflächenentwicklung und dem Schutz vor Hochwasser und Starkregen, die Erweiterung der Handlungsspielräume bei der Ausweisung von Gewerbegebieten, die Stellung der Zentren, erleichterte Rahmenbedingungen für Wasserstoff als Energieträger der Zukunft und die Anerkennung von Freiflächenphotovoltaikanlagen als Ausgleichsflächen.
Hinsichtlich der Stellung der Zentren forderten wir, ein LEP 5 müsse der zunehmenden Verstädterung und dem Wachstum der Städte Rechnung tragen. Die Bevölkerung aus dem Umland nutzt die Angebote der Städte (Arbeitsplätze, Einkaufsgelegenheiten, Kultureinrichtungen, Schulen, Gesundheitseinrichtungen usw.) und strebt auch zunehmend das Wohnen in den Städten an. Diese Entwicklung muss positiv begleitet werden. Es gilt auch, angesichts des starken Online-Handels und des daraus resultierenden Leerstandes die Vitalität der Innenstädte zu erhalten, insbesondere derjenigen Innenstädte, die zusätzlich von der Ausweitung der Flächen der Factory-Outlet Center (FOC) Zweibrücken und Montabaur betroffen sind.
Ausbau digitaler Infrastrukturen
Die im gemeinsamen Netzbündnis von Landesregierung, Telekommunikationsunternehmen, Digital-Verbänden sowie kommunalen Spitzenverbänden im Jahr 2023 beschlossene Gigabit-Charta bekräftigt das Ziel, den Ausbau der Glasfaserinfrastrukturen weiter voranzutreiben und umfangreich in Rheinland-Pfalz in den nächsten Jahren zu investieren, um allen Haushalten, Gewerbegebieten und öffentlichen Institutionen ein Angebot für einen Glasfaseranschluss unterbreiten zu können. Nach einer offenen Evaluation der Gigabitstrategie des Landes im Frühjahr 2024 hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung im Sommer Eckpunkte für eine Weiterentwicklung der Gigabitstrategie für Rheinland-Pfalz vorgelegt. Denn angesichts geänderter Rahmenbedingungen und auf Basis der Evaluationsrückmeldungen zu der Strategie 2020 ist nun eine Fortschreibung der Gigabitstrategie geboten. Der Entwurf der Gigabitstrategie 2025 soll im Herbst 2025 diskutiert werden.
Smart City
Nachhaltigkeit und Lebensqualität
In diesem Jahr stand auch das Thema »Smart City und Smart Region« im Fokus unserer Verbandsarbeit. Eine Smart City und Smart Region fördert u. a. die Nachhaltigkeit und das Leben der Menschen, indem sie Technologien nutzt, um ressourcenschonender zu agieren, Verkehrsflüsse zu optimieren und z. B. auch Abfälle zu reduzieren. Um diese Ziele zu erreichen, gibt es Daten-Ökosysteme, sogenannte Smart-City und Smart Region Datenplattformen, um technische Systeme intelligent zu vernetzen, Daten sicher und rechtskonform zu übermitteln und auch übergreifend zu nutzen. Die Digitalisierung kann so helfen, z. B. den Umgang mit dem Klimawandel zu verbessern. In Rheinland-Pfalz gibt es das Interkommunale Netzwerk Digitale Stadt (IKONE DS) unter Federführung der Stadt Kaiserslautern. Etwa 30 Kommunen partizipieren im Netzwerk, führen gemeinsame Workshops durch und tauschen sich über praktische Beispiele bei der Digitalisierung und im Hinblick auf Smart City und Smart Region aus.
Wir treiben den Aufbau eines Arbeitskreises mit kommunalen Expert:innen aus der Stadtentwicklung und aus dem Bereich der Digitalisierungsbeauftragten voran. Weiterhin gab es eine von uns organisierte Veranstaltung zum Thema »Smarte.Land.Regionen« zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering, in der konkret der Stufenplan und der »Marktplatz Deutschland.digital« vorgestellt wurden.
Das Ziel des »Marktplatzes Deutschland.digital« ist es, Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge in den digitalen Raum zu bringen, die Vermittlung von Lösungen und Beratungsangeboten sowie die zentrale Kontaktaufnahme zwischen Kommunen, Lösungsbetreibern und Berater:innen. Damit kann der Marktplatz effizient bei Vergabeprozessen unterstützen und Inspirationsort für smarte Kommunen sein. Wir unterstützen als strategischer Partner ein Projekt des Instituts für Innovationsforschung und -beratung GmbH in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit der Stadt Haßfurt. Ziel des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ist ein praxisorientiertes Planungstool für die Planung des kommunalen Wassermanagements. Obwohl die Entwicklung in Haßfurt erfolgt, wird durch die Überregionalität die spätere Übertragbarkeit auch auf andere Regionen, wie Kommunen in Rheinland-Pfalz, ausgeweitet.