„Dass sauberes und genügend Trinkwasser aus dem Wasserhahn kommt, ist auch in Europa längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Unser blauer Planet hat immer weniger Grundwasser. Dies zeigt: Wir müssen die Erderhitzung stoppen und uns gleichzeitig an die Folgen des Klimawandels anpassen und Vorsorge treffen.“ Klimaschutzministerin Katrin Eder hob so die Bedeutung der im Norden von Rheinland-Pfalz vereinbarten Zusammenarbeit von sechs kommunalen Wasserversorgern hervor. Die wollen sich gemeinsam mit einem komplexen Verbundsystem gegen Engpässe als Folge von Klimawandel oder Katastrophen wappnen.
Der Plan: Die Leitungsnetze der einzelnen Wasserversorger durch weitere Rohre miteinander verknüpfen und mit neuen Pumpstationen dafür sorgen, dass das Wasser in verschiedene Richtungen geleitet werden kann. Dies ist beispielsweise dann nötig, wenn etwa einzelne Brunnen nicht mehr genug Wasser führen oder Leitungen aufgrund von Naturkatastrophen zerstört sind.
Die jüngst begründete sogenannte „Clusterinitiative“ umfasst eine Fläche mit zahlreichen Eifel- und Hunsrückgemeinden sowie Mittelrhein-Anliegern und der Großstadt Koblenz. Ihr gehören die Verbandsgemeindewerke Weißenthurm, die Stadtwerke Andernach, das Wasserwerk Koblenz / Weißenthurm, die Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein, der Zweckverband Maifeld-Eifel und RheinHunsrück Wasser an. Beinahe eine halbe Million Menschen leben in deren Versorgungsgebieten.
50 mögliche Übergabepunkte
In den vergangenen Monaten haben diese kommunalen Versorger bereits ein Konzept entwickelt, das einfache technische und organisatorische Potenziale zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der bestehenden Trinkwasserversorgung in der Region aufzeigt. Womöglich lokal auftretenden Wassermangel sollen größere Reserven in anderen Regionen des Verbunds ausgleichen können.
Dazu braucht es neben einem intakten Netzwerk eine Reihe von Übergabestationen, die erst noch geschaffen werden müssen. Zum Teil verliefen die jeweiligen Rohrleitungen nur wenige Meter voneinander entfernt, hieß es bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung im Hunsrückort Dörth, Sitz von RheinHunsrück Wasser. Etwa 50 mögliche Übergabepunkte, „Scharniere“ genannt, habe man identifiziert und auf ihre geografische Tauglichkeit hin überprüft.
Für derartige Verbundnetze hat das Klimaschutzministerium ein Sonderförderprogramm in Höhe von 30 Millionen Euro aufgelegt, als Erweiterung bereits bestehender Förderprogramme. Die Mittel dazu stammen aus Einnahmen durch den sogenannten Wassercent. Das Sonderförderprogramm ist seit seinem Antragsstart vor einem Jahr bereits nahezu ausgeschöpft; bisher sind landesweit zehn neue Verbundleitungen in Planung.
Ein Viertel weniger neues Grundwasser
Das Sicherstellen von stets genug sauberem Trinkwasser gewinnt angesichts stetig fallender Grundwasserspiegel an Dringlichkeit. Denn der Zyklus von Grundwasser-Neubildung im Winterhalbjahr, welche die Entnahmen im Sommer ausgleicht, ist gestört. Es fällt zwar immer noch genau so viel Niederschlag wie bislang, nur nicht mehr so regelmäßig. Etwa bei den vermehrt auftretenden Starkregenereignissen kann der Boden die Wassermengen nicht aufnehmen. Die Folge: Das Wasser fließt oberirdisch über Bäche und Flüsse ab und kann nicht zur Grundwasserneubildung beitragen.
Zudem steigen die Temperaturen, was Wasser verdunsten lässt, ehe es am Boden ankommt. Durch den fortschreitenden Klimawandel wurde in den vergangenen Jahren Rheinland-Pfalz weit im Schnitt rund ein Viertel weniger Grundwasser neugebildet, teilt das Klimaschutzministerium mit – und bezieht sich dabei auf Untersuchungen des KLIWA-Projekts, einer Kooperation des rheinland-pfälzischen, des bayerischen und des baden-württembergischen Umweltministeriums mit dem Deutschen Wetterdienst. Auch ein regenreiches Jahr wie 2024 es bisher war, kann diesen Mangel nicht komplett auffüllen.
Folgen für alle Lebensbereiche
In Rheinland-Pfalz wird das Trinkwasser zu 97 Prozent aus dem Grundwasser und zu drei Prozent aus den beiden Talsperren Riveris bei Trier und Steinbach nahe Idar-Oberstein gewonnen. Das Grundwasser speist jedoch auch Seen, Tümpel, Bäche und Flüsse. Weniger Grundwasser bedeutet also sinkende Wasserpegel in diesen Gewässern – mit Problemen für die Natur, da Laichgebiete wegfallen, für die Wirtschaft, wenn Kühlwasser für die Industrie fehlt oder die Schifffahrt aufgrund von Niedrigwasser eingeschränkt ist, für den Tourismus, wenn Badeseen trockenfallen oder Pools nicht mehr befüllt werden dürfen.
„Das Problem geht uns also alle in fast allen Lebensbereichen an. Deswegen ist es so wichtig, jetzt zu handeln“, betont Klimaschutzministerin Eder.