Gebäudesanierungen können einen beachtlichen Beitrag leisten für Klima- und Umweltschutz. Ein gelungenes Beispiel – auch als solches per Steckbrief im Energieatlas der Energieagentur Rheinland-Pfalz zu finden - stellt die Meisterschule für Handwerker in Kaiserslautern dar. Mitten drin in städtischer Bebauung und doch potenzieller Lebensraum für gefährdete Tiere.
Sämtliche Flachdächer der Meisterschule sind im Laufe der vergangenen zehn Jahre zu Konstruktionen mit etwas Neigung umgebaut worden. Ziel der Maßnahme: Die Dächer sollten langlebiger und weniger schadensanfällig werden. Klima- und Naturschutz wollte der Bezirksverband Pfalz als Träger und Eigentümer dabei von vornherein mitberücksichtigen.
Dieser Anspruch beruht zum einen auf dem Bewusstsein für die eigene Vorbildfunktion, merkt Klimaschutzmanagerin Carolin Sperk an, deren Kollegin Antonia Reifferscheid das ganze Projekt angeschoben und begleitet hat; zum anderen auf der Mitgliedschaft des Bezirksverbands im EU-Life-Forschungsprojekt „ZENAPA“ („Zero Emission Nature Protection Areas“) seit 2017. Das Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen ist eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Europas; dem Träger des deutschen Teils des Biosphärenreservates, dem Bezirksverband Pfalz, liegt es deshalb besonders am Herzen, Klimaschutz naturverträglich zu gestalten.
Matten aus Hanf
Vor ziemlich genau zwei Jahren waren die Baumaßnahmen für dieses Pilotprojekt abgeschlossen. Knapp 300 Quadratmeter Dachfläche sind nun mit Aluminium-Trapezblechen eingedeckt, tragen Photovoltaik-Module und beinhalten die Dämmung der obersten Geschossdecke. Darin verbirgt sich die erste Besonderheit: Als Dämmstoff dienen Matten aus Hanffasern.
Hanf hat Sperk zufolge „als nachwachsender Rohstoff eine besonders günstige Ökobilanz. Außerdem ist Hanf hydrophob, als natürlicher Werkstoff weitgehend frei von Chemikalien und muss bei der Entsorgung nicht als Sondermüll behandelt werden.“ Als regionales Produkt benötige es weniger Transportwege, auf dem Feld entfalte Hanf positive Wirkung auf die Bodenfruchtbarkeit und komme ohne Pestizide aus.
Angebot an Mauersegler
Seinen Beitrag zur Biodiversität hat der Bezirksverband zusätzlich gesteigert: Unterhalb der Dachtraufe des Gebäudes wurden in einer Reihe 70 Nistkästen für Mauersegler integriert – eine Maßnahme, die auch den Naturschutzbund Deutschland (Nabu) freut. Denn die Lebensräume so genannter Fassadenbrüter schwinden im Zuge von Sanierungsmaßnahmen: Anders als Schwalben, die ihre Nester gern an Hauswände „kleben“, nisten die etwas größeren Mauersegler in Hohlräumen an Dächern oder in Dachstühlen, erläutert Jürgen Reincke, Vorsitzender der Kaiserslauterner Nabu-Gruppe. Wird die Gebäudehülle dicht, wie aus energetischen Gründen erwünscht, haben die Vögel es schwer, Nistplätze zu finden.
Die 23 Meter lange Reihe an der Meisterschule ist ein Angebot an die geselligen Tiere, die vorzugsweise in Kolonien nisten und brüten. „Die ohnehin notwendigen Traufkästen aus Holz wurden unterteilt und erhielten Einflugöffnungen für Vögel“, heißt es in einer Dokumentation des Architekten Mark de Fries, „ein sehr einfach zu realisierender Beitrag zur Biodiversität.“
In welchem Umfang die Mauersegler dieses Angebot annehmen, bleibt noch abzuwarten: Es kann zwar ein paar Jahre dauern, bis die sehr standorttreuen Vögel sich die Nistplätze zu eigen machen, da es aber in der Umgebung bereits Populationen gibt, stehen die Chance gut.
Grüner Strom fürs Netz
Von Anfang an war der Einbau einer Photovoltaikanlage geplant. Bewusst entschied sich der Bezirksverband für ein ‚Pachtmodell‘ und eine Kooperation mit der Genossenschaft LauterStrom e.G. Die wiederum speist die Energie in das Netz der Stadtwerke Kaiserslautern ein.
„Wir wollen mit dem Projekt auch zeigen, wie man ohnehin erforderliche Sanierungsmaßnahmen maximal für Klimaschutz, Artenschutz und regionale Wertschöpfung nutzen kann“, sagt Klimaschutzmanagerin Sperk. Und der Bezirkstagsvorsitzende Theo Wieder betont: „Die energetische Sanierung muss ganzheitlich und nachhaltig gedacht werden. Das ist im Fall der Meisterschule besonders vorbildlich umgesetzt worden.“
Das neue Dach vereint alle drei Aspekte des „ZENAPA“-Projekts, das die Baumaßnahme gefördert hat: Die Hanfdämmung dient dem Klimaschutz, die Nistkästen helfen einer bedrohten Tierart und der Betrieb der Photovoltaikanlage durch eine Bürgergenossenschaft kommt der regionalen Wertschöpfung zugute. Ansprechpartnerin für Nachfragen zum Projekt ist Klimaschutzmanagerin Carolin Sperk, Telefon 0631 – 3647-150, E-Mail: c.sperk@bv-pfalz.de.